Mediale Debatten über Kirche und Religion (1945-1980)
Das Teilprojekt „Mediale Debatten über Kirche und Religion 1945-1980“ beschäftigt sich in erster Linie mit den Fremdwahrnehmungen von Kirche und Religion in der Bundesrepublik Deutschland. Besonders im Verlauf der 1950er und 1960er Jahre griffen die Medien in ihren Berichten kirchliche und religiöse Themen vermehrt auf und prägten damit die öffentlichen Vorstellungen, deuteten religiöse Praktiken und Inhalte und schufen Erwartungshaltungen gegenüber Reformen. Nicht unbedingt die Etablierung des Fernsehens zeichnete dafür verantwortlich. Es waren vor allem die überregionalen Tageszeitungen und Wochenzeitschriften, die „Kirche“ und „Religion“ immer wieder thematisierten und somit neue Interpretationsmuster anboten. Nicht selten lösten sie dabei durch breit angekündigte Reportagen, Serien oder Titelgeschichten kontrovers geführte mediale Debatten aus, an denen sich neben Journalisten und Wissenschaftlern auch Kirchenvertreter beteiligten.
In diesem Teilprojekt sollen diese öffentlichen Aushandlungsprozesse untersucht werden. Die 1960er Jahre werden dabei einen Schwerpunkt bilden, da gerade in diesem Zeitabschnitt eine enorme Verdichtung der Berichterstattung zu beobachten ist. Vergleichend sollen die Deutungsmuster analysiert werden, die über die beiden bundesdeutschen Großkirchen öffentlich aufgebracht wurden. In den Vordergrund rücken mediale Debatten, die einerseits von den Kirchen selbst initiiert, aber andererseits auch von Zeitungen oder Zeitschriften provoziert wurden.
Im Zuge der Auswertungen sollen die Medien nicht nur als bloßer Spiegel oder Abbildungseinheit eines Transformationsprozesses verstanden werden, vielmehr sollen sie als konstitutiver Motor gelten, der Wandlungsprozesse beschleunigte und auch selbst anstieß. Dahingehend fragt dieses Teilprojekt aus kultur- und kirchengeschichtlicher Perspektive zunächst nach Narrativen, Sag- und Zeigbarkeitsregeln, die sich in Form von öffentlichen Bewertungen herauskristallisierten.
Das Quellenmaterial bilden zum einen die Medieninhalte überregionaler Tages- und Wochenzeitungen sowie Fernsehberichte und Radiosendungen, zum anderen Archivmaterialien aus Zeitungs- und Rundfunkarchiven. Darüber hinaus sollen Zeitzeugengespräche vor allem mit an den Debatten beteiligten Journalisten geführt werden.