Hellenistische Münzen aus dem Osten

Spiegel religiöser Dynamiken im kulturellen Austausch zwischen Ost und West

Eine Ausstellung zum Auftakt des Kollegs Dynamiken der Religionsgeschichte zwischen Asien und Europa

Kunstsammlungen der Ruhr-Universität Bochum, 16.10.2008 - 18.01.2009
Konzeption: Prof. Dr. Peter Wick (RUB) zusammen mit Klaus Grigo (Bochum), Prof. Dr. Linda-Marie Günther (RUB), Prof. Dr. Peter Mittag (Köln) und Dr. Cornelia Weber-Lehmann (RUB)

Seltene, überraschende und sensationelle Stücke zeigen die Kunstsammlungen der RUB in einer Ausstellung antiker Münzen: Sie zeugen vom frühen religiösen und kulturellen Austausch zwischen Orient und Okzident und davon, dass es die „Globalisierung“ schon weit vor unserer Zeit gab. Die Münzen und Siegel stammen zum größten Teil aus den Beständen einer Bochumer Privatsammlung.

Gezeigt werden außerordentlich spannende Exponate: So ist auf einer Goldmünze eine der frühesten Buddha-Darstellungen überhaupt zu sehen. Obwohl Buddha mit einer griechischen Inschrift bezeichnet ist und das Gold wahrscheinlich aus dem Handel mit Rom stammt, wurde die Münze irgendwo im indisch-pakistanisch-afghanischen Raum geprägt. Auch ein „Porträt“ von König Caspar, einem der Heiligen-Drei-Könige, ist zu sehen, genauer: vom indischen König Gondophares, der durch Legendenbildungen zu Caspar geworden ist.

Auf den Münzen tritt die hellenistische Götterwelt in einen lebhaften Dialog mit persisch-parthischen Gottheiten, dem Zoroastrismus, dem Hinduismus und dem Buddhismus. Dadurch machen sie die Grundlinien der großen religiös-kulturellen Transferbewegungen zwischen Europa und Asien zwischen dem vierten Jahrhundert v. Chr. und dem dritten Jahrhundert n. Chr. sichtbar. „Regionen, die wir üblicherweise als Randgebiete zwischen den Welten der Griechen, Römer, Inder und Chinesen bezeichnen, werden auf den Münzen plötzlich zum Zentrum der antiken Welt und zum Sammelbecken vieler Religionen“, sagt Prof. Dr. Peter Wick (Evangelische Theologie), der die Ausstellung zusammen mit Klaus Grigo (Bochum), Prof. Dr. Linda-Marie Günther (RUB), Prof. Dr. Peter Mittag (Köln) und Dr. Cornelia Weber-Lehmann (RUB) konzipiert hat.

Vor allem die religiösen Kombinationen auf den Münzen überraschen: So steht auf einer Münze der indische Gott Shiva mit aufgerichtetem Phallus. Gleich daneben ist das buddhistische Drei-Juwelen-Symbol abgebildet. „Diese Verbindung von Fruchtbarkeit und männlicher Sexualität mit dem Symbol für Askese können wir noch nicht hinreichend erklären", so Prof. Wick. Bisher unveröffentlichte Siegel aus dem Persien frühchristlicher Zeit zeigen zudem einen Mann, der einen störrischen Esel zieht, auf dem eine schwangere Frau sitzt. Dabei könnte es sich um die älteste erhaltene Darstellung von Maria und Joseph auf dem Weg nach Bethlehem handeln.

Die Besucher können noch viele weitere Entdeckungen in der Ausstellung machen. Sie zeigt, wie zwischen dem dritten Jahrhundert v. Chr. und dem dritten Jahrhundert n. Chr. innerhalb der Staatsgrenzen des heutigen Indiens, Pakistans, Afghanistans, Turkmenistans, Irans, Iraks, Syriens, der Türkei und Griechenlands die Oberschichten bereits durch eine globalisierte Welt verbunden waren, die bis nach Rom und China ausstrahlte. Die Münzen stammen aus einem Raum, der sich von Griechenland bis weit nach Indien hinein, von Ägypten bis zum Hindukusch, bis zur Seidenstrasse und bis an die Grenzen Chinas erstreckt. Die Machthaber, die in diesen ganz unterschiedlichen Regionen die Münzen prägen ließen, bezeichneten sich einheitlich in griechischer Schrift und Sprache als Basileus, als König.