Das Aufwachsen in modernen Gesellschaften stellt jugendliche MigrantInnen in der Adoleszenz vor besondere Herausforderungen. Einerseits müssen sie sich von den eigenen kulturell-familialen Traditionen abwenden und neue gesellschaftlich-kulturelle Orientierungen entwickeln. Andererseits stehen sie vor dem Problem, dass sie sich in ihrer Zukunftsplanung auf eine Gesellschaft hin entwerfen müssen, die ihnen vielfach Unverständnis entgegen bringt und ihnen abweisend, zum Teil sogar feindlich, gegenübertritt. Alltagsrassismus ist vielfach eine Form, mit der den Jugendlichen gegenüber feine Unterschiede markiert und Abwertungen vollzogen werden.
Jugendliche gehen sehr unterschiedlich mit diesen Herausforderungen um, die Reaktionen reichen von der Einnahme aktiver Gegenpositionen gegen erfahrene Entwertungszumutungen bis hin zu Resignation und Rückzug in familiale und ethnisch-kulturelle Zusammenhänge. In der Literatur werden vor allem Resignation und Rückzug als eine Form von Entsubjektivierung interpretiert. An die Stelle moderner, auf Individualität bezogene Subjektorientierungen, so die Argumentation, findet nun eine verstärkte Rückbesinnung auf familiale Traditionen und ethnische Gemeinschaften statt. Dieser Zusammenhang wird auch als eine Form von Re-Ethnisierung bezeichnet. Der Religion wird in diesem Kontext vielfach eine besondere Rolle zugeschrieben, sie wird als sichtbares Zeichen von Ethnisierungsprozessen angesehen.
Der Vortrag wird ausgehend von einer kritischen Auseinandersetzung mit der These der Re-Ethnisierung die Bedeutung der Ausbildung kultureller und ethnischer Orientierungen für das Aufwachsen von Jugendlichen in der Adoleszenz diskutieren und nach der Bedeutung von Religion in diesen Prozessen fragen. Dabei wird die These vertreten, dass religiöse Identifikationen von jugendlichen MigrantInnen unter Bedingungen gesellschaftlicher Abwertung und Ausgrenzung immer auch Ausdruck starker Identifikationen und Subjektpositionierung darstellen.