Die religions- und kulturwissenschaftliche Diskussion widmet schon seit längerem dem Bereich der Ästhetik besondere Aufmerksamkeit. In der Ritualforschung werden einerseits die verschiedenen Wort- Bild- und Klangmedien, die in rituellen Handlungen zur Aufführung kommen, auf ihre spezifischen Bedeutungsfunktionen untersucht. Andererseits dienen Abbildungen oder Beschreibungen häufig als wichtiges Quellenmaterial zur Rekonstruktion ritueller Praxis ebenso wie zur Bewertung von Rezeptions- und Übertragungsvorgängen. Darüber hinaus wird gerade in der Ritualforschung, namentlich in der Ethnologie, der Einsatz von Aufzeichnungs- und Reproduktionsmedien nicht zuletzt deshalb methodologisch kontrovers diskutiert, da ihnen unterstellt wird, Phänomene religiös-ästhetischer Erfahrung zu nivellieren. Auch über den engeren Kontext der Ritualforschung hinaus hat die grundsätzliche Bewertung der medialen Eigendynamik sowohl innerhalb einer Kulturgemeinschaft als auch im interkulturellen und interreligiösen Transfer maßgebliche Bedeutung gewonnen. Umstritten und daher von primärem Interesse ist die heuristische Gewichtung von einerseits ästhetischer (akustischer, visueller und performativer) Gestaltung und den traditionell zumeist höher bewerteten Textkorpora andererseits. In der springschool sollen methodische Ansätze unterschiedlicher Disziplinen, namentlich der Religions-, Geschichts- und Kunstwissenschaften, vorgestellt, verglichen und mögliche Anwendungen auch in anderen Forschungskontexten diskutiert werden.
Die diesjährige springschool wird die Diskussion ihrer Vorgängerin „Geschichte der Ritualforschung“ aufgreifen und fortsetzen. Neben den von Dozenten geleiteten Seminaren sind Kurzreferate vorgesehen, in denen die Teilnehmer eigene Arbeitsprojekte vorstellen können. Thematische Schwerpunkte sind die Geschichte der Medienwissenschaft und der Ästhetik im Kontext der Ritualwissenschaft sowie die Erforschung ritueller Performanz und ritualästhetischer Transfers; auch grundsätzliche methodologische Fragen sollen dabei zur Sprache kommen. Wie im Vorjahr werden wissenschaftsgeschichtliche Reflexionen mit der Vermittlung und Analyse aktueller Forschungsergebnisse verknüpft. Es ist geplant, die Beiträge dieser und der vorangegangenen springschool in einem Sammelband 2010 zu publizieren.
Die Veranstaltung richtet sich an Graduierte und Studierende der Masterphase. Die Kosten für Übernachtung und Vollpension betragen € 480,-; Kursgebühren werden nicht erhoben.