Konfessionsverschiedene Ehen als Instanzen der religiösen Sozialisation. Zur Tradierung des Religiösen in (bi)konfessionellen Kontexten

In mehrkonfessionellen Gesellschaften stellen konfessionsverschiedene Ehen ein besonderes Phänomen dar. Sie sind ein Indikator für den Stellenwert des Konfessionellen in der religiösen Identität und in den Wechselbeziehungen der Gesellschaftsmitglieder. Da die Tradierung des Religiösen vorwiegend in konfessionellen Kontexten stattfindet, haben dieser Stellenwert und seine Änderungen eine sozialisatorische Relevanz. Das Projekt, das 2009 begonnen wurde, untersucht die Auswirkungen der Konfessionsverschiedenheit auf die religiöse Sozialisation in interkonfessionellen Familien der Bundesrepublik, die unter diesem Aspekt in der historischen und sozialwissenschaftlichen Forschung bislang wenig Beachtung gefunden haben, und umfasst die Zeit vom Ende des Zweiten Weltkriegs bis in die 1970er Jahre.

Im Vordergrund steht dabei die Frage, ob die Sozialisation in einer konfessionsverschiedenen Familie zu einer (Re-)Konfessionalisierung oder eher zu einer Entkonfessionalisierung führte und inwieweit sie eine Reflexion der Konfessionalität förderte. Im Zusammenhang damit werden Phasen in der Entwicklung der gemischtkonfessionellen Eheschließungen in Deutschland im 20. Jahrhundert sowie der Einfluss verschiedener Sozialisationsbedingungen und -faktoren auf die spätere Bereitschaft zu solchen Ehen verfolgt. Außerdem richtet sich das Augenmerk auf den Wandel der kirchlichen Haltung gegenüber dem Problem der konfessionsverschiedenen Ehen und Familien. Die Untersuchung wird sowohl auf der Makro- als auch auf der Meso- und Mikroebenen durchgeführt und kombiniert quantitative und qualitative Ansätze.