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(© Rautenstrauch-Joest-Museum)
JAINA-KUNST UNTER DER LUPE

Patrick Krüger als Experte bei Workshop zu Herstellungsprozessen und Sammlungsgeschichte

Kunstgeschichtliche Entwicklung geht mit einer Verbreitung von Ideen und Motiven einher, die sich auf Objektebene in Nachahmung und Kopie niederschlägt. Wie lassen sich aber Objekte grundsätzlich zeitlich und regional einordnen? Wie können die verschiedenen Forschungsansätze, beispielsweise Stil- und Ikonographieanalysen und Materialuntersuchungen, einander sinnvoll ergänzen? Die traditionelle Kunstgeschichte ist bei Unstimmigkeiten schnell mit dem Schlagwort „Kunstfälschung“ bei der Hand, aber ist das gerechtfertigt? Patrick Krüger berichtet von den Ergebnissen des Workshops in Köln und Perspektiven seiner Forschung zum Thema.

Vom 5. bis 7. Juni 2024 diskutierten die Expert*innen für südasiatische Handschriften und Miniaturmalereien Patrick Felix Krüger vom CERES und Sonika Soni vom Museums Rietberg in Zürich (MRZ) mit der wissenschaftlichen Referentin für die asiatischen Sammlungen am Rautenstrauch-Joest-Museums Köln (RJM) diese und ähnliche Fragen mit Bezug auf konkrete Materialien im Rahmen des Workshops „Auf den Spuren von Künstler*innen und Sammler*innen. Erweiterte Erforschung von jainistischer Miniaturmalerei (Indien) aus der Sammlung des Rautenstrauch-Joest Museums“ in Köln.

Privatsammler schenkten zwischen 2018 und 2020 dem RJM außergewöhnliche Sammlungen von 164 Folios jainistischer Miniaturmalerei, darunter eine fast vollständige Handschrift des Kalpasutra. Der Herstellungszeitraum der Handschriften aus dem westlichen Indien (Gujarat und Rajasthan) reicht vom 14. bis zum 19. Jahrhundert. Sammlungen jainistischer Handschriften sind in deutschen Museen selten. Gleichzeitig sind sie kunst- und religionshistorisch bedeutsam, da sie zu den ältesten erhaltenen Zeugnissen indischer Manuskriptkunst zählen. 

Ausgewählte Folios der Sammlung waren bereits 2019/2020 in der Blickpunkt-Ausstellung „Heilige und Asketen - Miniaturmalerei der Jaina aus Indien" zu sehen, die das RJM in enger Zusammenarbeit mit dem CERES zeigte. Im Verlauf eines öffentlichen Werkstattgesprächs am 5. Juni wurde u.a. auch das Thema „Fälschung“ in den Fokus genommen. So kamen Fragen nach Nutzen und Gefahren von Kopien und unerkannten "Fälschungen" in Museumssammlungen ebenso zur Sprache wie die Notwendigkeit, die Fixierung auf subjektive ‚Kennerschaft‘ und die Identifizierung von ‚Meisterwerken‘ zugunsten einer Würdigung der kultur- und religionsgeschichtlichen Aussagekraft von Objekten zu überwinden.

Die wissenschaftliche Diskussion zu verschiedenen Formen von Kopien war lange Zeit auf europäische Kunstwerke beschränkt. Zunehmend geraten jedoch auch Objekte aus außereuropäischen Kulturen in den Blick. Die Verschiebungen auf den internationalen Kunstmärkten führen zudem in den letzten Jahrzehnten zu einer Zunahme sogenannter „akademischer Fälschungen“, die von kunsthistorisch oder archäologisch geschulten Personen hergestellt bzw. angeleitet werden und, die sich von Fachleuten häufig nur mit großem zeitlichem und technischem Aufwand als Nachahmungen entlarven lassen. Für eine fundierte wissenschaftlichen Auseinandersetzung ist es grundsätzlich wichtig, zu erfassen, welche Objekte zu je spezifischen Zeitpunkten für private Auftraggeber oder auch für den Kunstmarkt nachgebildet wurden und werden und welche eben nicht. Hieraus lassen sich Rückschlüsse in Bezug auf Kenntnisstand und Erwartungshaltung der (potenziellen) Erwerbenden ziehen und damit etablierte Bilder und Projektionen auf die Kultur, der diese Objekte entstammen, aufzeigen.

Die fortwährende Erforschung der Handschriften ist ein Gemeinschaftsprojekt des RJM mit dem CERES. Dabei werden die Bestände einer kunst- und religionshistorischen Untersuchung, aber auch einer naturwissenschaftlichen Analyse unterzogen. Dies geschieht in enger Zusammenarbeit mit der Technischen Hochschule in Köln (Cologne Institute of Conservation Sciences), wo ein Teil des Workshops stattfand. Systematische Analysen der verwendeten Pigmente und Malgründe ergänzen stilistische und ikonographische Untersuchungen und können neue Perspektiven eröffnen, um vorhandene Manuskriptblätter zeitlich und regional einzuordnen. Der Workshop diente nicht zuletzt einer Intensivierung der bestehenden Kooperation zwischen dem CERES und den Museen in Köln und Zürich.
 

Forschungsstelle Jainismus - CERES - Ruhr-Universität Bochum (rub.de)