„Was machen wir mit den Sachen?“ Außereuropäische und missionsgeschichtliche Sammlungsbestände in regionalen Museen und die metaphorische Dimension der Objekte
CERES-Palais, Raum "Ruhrpott" (4.13)
Museen für Ethnologie und außereuropäische Kunst befinden sich gegenwärtig in einem tiefgreifenden Wandel, der geprägt ist von strukturellen und inhaltlichen Veränderungen sowie der Aufarbeitung der Geschichte der Sammlungen vor dem Hintergrund möglicher kolonialer Verstrickung. Der öffentliche Diskurs, der diese Prozesse einrahmt, konzentriert sich insbesondere auf die großen Häuser und ist häufig mit aktivistischem Eifer verbunden, dessen Blick sich auf Provenienz und Restitution der Objekte verengt.
In dieser Debatte wird übersehen, dass nicht nur die bekannten ethnologischen Museen über Sammlungen außereuropäischer Kulturgüter verfügen, sondern auch in kleineren Museen solche Bestände zu finden sind. Im Umgang mit diesen Beständen stellt sich für die Museen die Frage, ob die Bedeutung der Objekte nur auf den kolonialen Kontext reduziert werden soll, oder ob sie auch noch anderen musealen Vermittlungszielen dienen dürfen – beispielsweise zur Ausstellung außereuropäischer Religionen. Für die universitäre Forschung stellt sich hingegen die Frage, ob und in welcher Weise Religionen durch Artefakte repräsentiert werden. Die Frage einer Ausstellbarkeit von (außereuropäischen) Religionen wurde am CERES in der Vergangenheit bereits diskutiert, u.a. in einer Workshop-Reihe mit dem Rautenstrauch-Joest-Museum.
Metaphern und/im Museum: Im Museum begegnet man Religion(en) auf vielfältige Weise, insbesondere durch die Objekte, die dort ausgestellt sind. Anhand dieser religiös konnotierten, oft als „heilig“ betrachteten Objekte werden, auch durch bestimmte Arrangements, Geschichten erzählt und tiefere Bedeutungen vermittelt, die über ihre materielle Form hinausgehen. Auf diese Weise fungieren Objekte in Ausstellung und Vermittlung oft als Metaphern für Glaubenssysteme, kulturelle Praktiken und menschliche Erfahrungen, die in verschiedenen Epochen und Gesellschaften entstanden sind.
Religion und/im Museum: Eine Herausforderung für Museen ist neben dem wissenschaftlichen Anspruch der sensible Umgang mit Fragen der Religion. Während Wissenschaft auf Empirie, Beweisbarkeit und rationale Erklärungen setzt, bietet Religion Raum für das Bedenken spiritueller und existenzieller Fragen. Die gegenwärtige Ausstellungspraxis zeigt, dass beide Perspektiven im Museum koexistieren sollten, um den Besuchern zu ermöglichen, sowohl die historischen und kulturellen Kontexte der Objekte zu erfassen als auch die damit verbundenen Glaubensvorstellungen zu erschießen und zu reflektieren.
Vor diesem Hintergrund soll der geplante Workshop einen Austausch zwischen Museen und universitärer Forschung anstoßen, wobei der Blick auf den Sammlungen kleinerer und regionaler Museen liegt. Objekte, die beispielsweise von Reisenden oder Missionaren an die Sammlungen übergeben wurden, spiegeln einen ganz anderen Blick auf die außereuropäischen Kulturen als die gezielt nach typologischen oder kulturspezifischen Gesichtspunkten zusammengetragenen Sammlungen der größeren Häuser wider. Diese verlangen zudem nach „authentischen“ Artefakten, die in den Herkunftsgesellschaften einst rituell oder im Alltagsleben verwendet wurden und nicht als ‚Reisesouvenir‘ erworben werden konnten. Die ausgestellten Objekte als Metaphern für Glaubenssysteme, kulturelle Praktiken und menschliche Erfahrungen können entsprechend eine ganz andere Gestalt annehmen als in großen Sammlungen.
In vielen außereuropäischen Regionen seit Mitte des 19. Jahrhunderts wurden eine Vielfalt unterschiedlicher Gegenstände für eine heterogene Abnehmerschaft hergestellt, die zuweilen ihren Weg in die Museen fanden und die heute die entsprechenden Sammlungsbestände gerade kleinerer Museen prägen. Diesen Häusern fehlt es häufig an entsprechender Expertise, und so wird häufig die im Titel genannte Frage geäußert, wie das Museum mit solchen Objekten umgehen soll. Der Workshop will dazu beitragen, die Möglichkeiten für Ausstellung und weitere Forschung unter besonderer Berücksichtigung der metaphorischen Dimension der Dinge aufzuzeigen.
Der Frage ‚Was machen wir mit den Sachen?‘ so in einem kleinen Kreis nachzugehen ist das Ziel des Workshops. Dabei liegt der Schwerpunkt auf Austausch und Diskussion.