PD Dr. Merle Hummrich: Religiös, vormodern, bildungsdistanziert? Machtvolle Konstruktionen zu Migrantenjugendlichen und ihre Bedeutung für Teilhabe am Bildungssystem
Wenn von Menschen mit Migrationshintergrund die Rede ist, wird oftmals auch ihre Religiosität thematisiert, wenn nicht problematisiert. Insbesondere muslimische Migrantenjugendliche werden als traditionell, rückständig und unterdrückt dargestellt. Unter Bezugnahme auf diese Bilder von Migrantenjugendlichen wird die Fragestellung des Vortrags entfaltet: welche Bedeutung haben religiöse Kontexte für christliche und für muslimische Jugendliche mit Migrationshintergrund? Ist Religiosität eine Kompensation erfahrener Zugehörigkeitsgrenzen? Oder erfahren sie hierin die Tradition ihrer Eltern und damit Unterdrückung? Wenn wir solche Fragen in den Blick nehmen, müssen wir jedoch auch fragen, was es bedeutet, die Religiosität ‚der’ Menschen mit Migrationshintergrund zu untersuchen. In der Besonderung und pädagogisierenden Aneignung sowie in der Subordination migrantischer Alltagspraxis durch Forschung liegt mithin auch eine Setzung von Differenz zur Mehrheitsgesellschaft, mit der sich religiöse Migrantenjugendliche alltäglich auseinander setzen. Hiervon sind ihre Zugehörigkeitskonstruktionen und biographischen Handlungsstrukturen geprägt, selbst dann, wenn sie sich von Religiosität distanzieren oder sie funktional, zur Wahrung ihrer eigenen Interessen, wahrnehmen.