Religion als Werkzeug? Die Rolle des konservativen Christentums im US-Wahlkampf
Der Einfluss der „Christian Right“ im US-Wahlkampf
Freudenberg und Radermacher erörterten zu Beginn des Podiumsgesprächs, was es mit Begriffen wie „christlicher Nationalismus“ und „evangelikaler Fundamentalismus“ auf sich hat. Sie ordneten diese Bewegungen innerhalb der politischen Landschaft ein und zeigten auf, welche gesellschaftlichen Phänomene mit ihnen in Verbindung stehen. Anhand statistischer Daten erklärten sie ferner, inwiefern religiöse und politische Überzeugungen, die die Republikaner jüngst in ihrem Wahlkampf bedient hatten, in verschiedenen sozialen Gruppen und Milieus auf Resonanz gestoßen sind und wie sich dies mit Blick auf die jüngere Geschichte der USA erklären lässt.
Besondere Aufmerksamkeit widmeten die Referierenden der Mobilisierungskraft der „Christian Right“, einer bedeutenden Gruppe innerhalb der Anhängerschaft von Donald Trump. Freudenberg und Radermacher verdeutlichten, wie konservative christliche Kräfte über die Jahrzehnte die Republikanische Partei zu ihrer politischen Heimat geformt haben. Auf dieser Grundlage analysierten sie, welche Rolle diese Entwicklung für das heutige Selbstverständnis der Republikaner und ihrer Wählerschaft spielt.
Paradoxes Verhältnis zwischen der Person Trump und christlichen Werten
Ein weiteres Thema der Podiumsdiskussion war die paradoxe Beziehung Trumps zum christlich-konservativen Spektrum. Obwohl Trumps persönlicher Lebensstil, seine moralisch fragwürdigenden und zum Teil auch rechtswidrigen Äußerungen und Handlunge sowie viele seiner politischen Ansichten eigentlich im Widerspruch stehen zu traditionellen christlichen Wertvorstellungen, unterstützen ihn konservative Christen geradezu bedingungslos. Diese Unterstützung beruhe laut Freudenberg und Radermacher auf bestimmten Versprechen, die Trump dieser Wählergruppe im Wahlkampf gegeben hat, und auf Überschneidungen in der politischen Agenda. Diese Dynamik führt zu einer seltsamen Melange: Trump geriert sich – häufig zweckorientiert – als bibeltreuer Christ und beansprucht religiöse Symbolik und Rhetorik, wodurch er sich im konservativen Spektrum als „gottgesandte“ Identifikationsfigur positionieren konnte. Auch wenn diese Selbstdarstellung aus objektiver Perspektive als unauthentisch wahrgenommen werden mag, habe sie innerhalb des konservativen US-Christentums verfangen.
Abschließend spannten Freudenberg und Radermacher den Bogen nach Deutschland. Sie diskutierten mögliche Parallelen zu rechtskonservativ-christlichen Strömungen und ihren Einfluss auf die politische Landschaft in Deutschland. Während diese Gruppierungen hierzulande bislang nur einen überschaubaren Einfluss haben, betonten die Referierenden, dass ähnliche Tendenzen im Ansatz beobachtbar seien.
Reger Austausch mit dem Publikum
Im Anschluss an die Podiumsdiskussion entwickelte sich ein intensiver Austausch mit dem Publikum, das zahlreiche Fragen an Freudenberg und Radermacher stellte. Besonders diskutiert wurden die Gründe für Trumps Erfolg bei Wählergruppen, die er selbst mehrfach verunglimpft hatte, sowie die Frage, wie er es schafft, konträre Werte und politische Ziele in sich zu vereinen und damit als Identitätsfigur zu überzeugen.
Die Podiumsdiskussion bot nicht nur fachlich fundierte Einblicke, sondern lebte auch von der regen Beteiligung und dem großen Interesse des Publikums. Dank der erstklassigen Organisation und Moderation durch Teresa Unterberg vom CERES sowie der hervorragenden Zusammenarbeit mit dem Team des Kulturbahnhofs Langendreer wurde die Veranstaltung zu einem rundum gelungenen Erlebnis.