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Götter, Gräber und Gelehrsamkeit: Archäologie trifft Religionswissenschaft

Einer der ersten Bestseller der ganz jungen Bundesrepublik, der über die Grenzen des 1949 gegründeten Staates bekannt wurde, war der Archäologie-Roman "Götter, Gräber und Gelehrte" von einem Journalisten, der diesen unter dem Pseudoynm C.W. Ceram publizierte. Ganz gleich wie euphorisch oder kritisch der Inhalt aufgenommen wurde, die Titelwörter zeigen an, wie stark das historische Verständnis von Religionen aber auch von alten Kulturen durch Gelehrten geprägt wurde - und das über Fächergrenzen hinweg: Sowohl die Archäologie als auch die damals weniger auf materielle Artefakte spezialisierte Religionswissenschaft konnten gelehrig über Götter und Gräber berichten.

In den letzten 70 Jahren haben sich die beiden Disziplinen stärker ausdifferenziert und dadurch teilweise den Kontakt zueinander verloren. Während Religion bei archäologischen Ausstellungen als Hintergrundinformation zu den gezeigten Objekte in unterschiedlichem Maße thematisiert wird, richtete sich der Blick von religionswissenschaftlich arbeiteten Fachleuten mehr und mehr in die Gegenwart. Um die beiden Disziplinen wieder intensiver ins Gespräch zu bringen, organisierten das Centrum für Religionswissenschaftliche Studien (CERES) zusammen mit dem LWL-Museum für Archäologie Herne am 19. April 2018 einen eintägigen Workshop in Herne. Ziel war es zudem, die beiden regionalen Institutionen stärker miteinander zu vernetzen.

Auf dem Workshop sprachen sechs Referent/innen aus beiden Fächern über Themen, die archäologische und religionswissenschaftliche Fragestellungen miteinander verbinden: Michael Rind (LWL-Archäologie für Westfalen, Münster) richtete seinen Blick auf die Praxis des Opfers, verschiedene bekannte Formen der Darbringung von Opfergaben und die methodologischen Schwierigkeiten, Funde und Befunde überhaupt als Opfer zu identifizieren. Patrick F. Krüger (CERES) präsentierte Fallbeispiele aus seiner Forschung, in der er literarische und archäologische Quellen für die Süd- und Südostasienforschung kombiniert. Im Anschluss sprachen Susanne Jülich und Josef Mühlenbrock (LWL-Museum für Archäologie, Herne) in ihren Vorträgen über die archäologischen Befunde zu Bestattungs- und Kultpraktiken in Westfalen. Die Archäologin Soi Agelidis (Institut für Archäologische Wissenschaften, RUB) präsentierte ihre Forschungen zur Anlage und Kultpraxis in Heiligtümern der Demeter. Schließlich stellte Volkhard Krech (CERES) einige Thesen aus seinem neuen Forschungsprojekt zur Evolution der Religion vor.

Im Anschluss an den Workshop wurden die Teilnehmer/innen vom Direktor des Museum, Dr. Josef Mühlenbrock, durch die Sonderausstellung zum Thema „Irrtümer & Fälschungen“ geführt, die passender Weise einige der in den Vorträgen bereits erörterten methodologischen Fragestellungen an Artefakten anschaulich machte. Den Schlusspunkt bildete der öffentliche Abendvortrag des Religionswissenschaftlers Bernhard Maier (Tübingen). Unter dem Titel „Religion in der Vor- und Frühgeschichte“ gab er den ca. 120 Besucher/innen Einblicke in die wesentlich durch die klassische Archäologie des 19. Jahrhunderts entdeckte Religionsgeschichte schriftloser Kulturen, indem er populäre Klischees über Druiden und 'die' keltische Religion aufgriff und kritisch erläuterte. Der Vortrag wurde vom Förderverein des Museums finanziert.

Im Rahmen des Workshops wurden weitere Möglichkeiten der Kooperation diskutiert, die neben der wissenschaftsbezogenen Zusammenarbeit vor allem auch Formate des Wissenstransfers betreffen. Die verschiedenen Bochumer und Herner Expertisen zu Göttern und Gräbern sollen zukünftig stärker zusammengeführt werden. Beide Institutionen planen, die begonnene Zusammenarbeit inhaltlich zu vertiefen und zu konkretisieren, z. B. bei der Präsentation von thematisch passenden Ausstellungsobjekten.