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MISSIONSSAMMLUNGEN

Deutschlandfunk-Interview mit Belinda Maria Peters über den Umgang mit dem missionarischen Erbe

Im Rahmen der Deutschlandfunksendung „Religionen“ vom 6. Juli 2025 sprach die Ethnologin Belinda-Maria Peters über die Rolle von Missionssammlungen und die historischen wie gegenwärtigen Herausforderungen im Umgang mit dem missionarischen Erbe. Im Zentrum des Gesprächs stand die Frage nach der vielfach unterschätzten Bedeutung christlicher Kirchen, konkret der missionierenden Gemeinschaften, im kolonialen Kontext – insbesondere im Hinblick auf den Umgang mit materiellen, vor allem auch religiösen Artefakten der lokalen Bevölkerung.

Missionar*innen, so erläutert Peters im Gespräch, nahmen in der Zeit zwischen 1870 und dem Ersten Weltkrieg zahlreiche Artefakte aus Afrika mit nach Europa; neben Geschenken, gekauften oder getauschten Objekten, gab es auch solche, die im Auftrag der Missionare angefertigt und auch solche, die geraubt wurden. Diese Artefakte werden heute noch in Sammlungen der missionierenden Gemeinschaften, aber auch in nicht-kirchlichen, etwa ethnologischen Museen verwahrt. In Missionsausstellungen und -museen wurden sie damals sowohl als Beleg für eine Notwendigkeit der Missionierung wie auch für deren Erfolg einem breiten Publikum zugänglich gemacht, um Unterstützung für die Mission einzuwerben. Von der Idee der vermeintlichen Superiorität christlicher Religion und vielfach auch der Idee der Überlegenheit der europäischen Kultur geleitet, wurden religiöse Artefakte von Missionar*innen dabei häufig eine andere Bedeutung gegeben. So wurden viele Artefakte früher mit Begriffen wie „Fetisch“ oder „Götze“ deklassiert; Begriffen, die aus dem europäischen Denken kommen und die Realitäten in den lokalen Religionen nicht abbilden, wie Peters sinngemäß betont.

Als ein Beispiel führt Peters im Rahmen des Interviews Trommeln an, die in afrikanischen Gesellschaften unterschiedliche Bedeutung besitzen und auch in religiösen Kontexten relevant sein können. Trommeln kamen etwa bei Königsinthronisationen, Initiationsriten oder Beerdigungen zum Einsatz; einige lokale Gesellschaften können ganze Gedankengänge damit ausdrücken. Die Missionare verbanden mit Trommeln jedoch vor allem vermeintlich heidnische Religionen und Handlungen, die sie zudem oft mit sexuellen oder anderen Exzessen in Verbindung brachten. Der Stereotyp des „bei nächtlichen Feiern trommelnden und tanzenden Menschen in Afrika“ findet sich bis heute in den Köpfen der Menschen; eine Sichtweise, die laut Peters der komplexen Bedeutung die Trommeln bei den lokalen Gesellschaften haben, nicht gerecht wird, auch dann nicht, wenn heute Kurse im sogenannten „afrikanischen Trommeln“ vermeintlich die individuelle Selbsterfahrung fördern sollen. 

Das CERES besitzt eine Sammlung von Artefakten, Schriftgut, Schrifttum und Bild- sowie Filmmaterial, die auf zwei Schenkungen der katholischen missionierenden Gemeinschaft der sogenannten „Weißen Väter“ zurückgeht. Die Herkunft dieser Artefakte war bei der Übergabe nur unzureichend dokumentiert: Kataloge oder genaue Herkunftsnachweise fehlten, was die Provenienzforschung für Peters, die die Sammlung betreut, erschwert. Neben der Provenienz der einzelnen Artefakte, untersucht sie, die Missionssammlungen insbesondere daraufhin, welche Erkenntnisse sich über den Religionskontakt, konkret zwischen Christentum und lokalen Religionen, daraus ableiten lassen. 
Die Ausstellung „Missionssammlungen ausgepackt“, die das CERES im Herbst in Kooperation mit dem Rautenstrauch-Joest-Museum realisiert, greift diese Thematiken auf. Sie zeigt auch Objekte aus der Sammlung der Weißen Väter und gibt Besucher*innen die Möglichkeit, weitere Einblicke in die Thematik zu bekommen und sich kritisch mit der Geschichte und Bedeutung von Missionssammlungen auseinanderzusetzen.

Link zum Interview mit Belinda-Maria Peters in der Deutschlandfunksendung „Religionen“ vom 6. Juli 2025: https://www.deutschlandfunkkultur.de/sakrale-artefakte-aus-afrika-von-missionaren-missverstanden-und-mitgenommen-100.html

Link zur Projektwebsite zur Ausstellung „Missionssammlungen ausgepackt: https://ceres.rub.de/de/forschung/projekte/missionssammlungen-ausgepackt/

Link zur Website Forschungsschwerpunkt Missionssammlungen: https://ceres.rub.de/de/forschung/projekte/research-focus-missionary-collections/