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Der Herr ist mein Torhüter – Fußball und Religion im Lichte ihrer Metaphorik

Ein Sonderforschungsbereich zu Religion und Metapher macht eine Veranstaltung im Fußballmuseum – so geschehen am vergangenen Mittwochabend im Deutschen Fußballmuseum Dortmund. "Wir wollen mit unserer Öffentlichkeitsarbeit nicht nur die erreichen, die üblicherweise geisteswissenschaftliche Vorträge besuchen", sagt Dr. Tim Karis, Leiter des PR-Projekts im Sonderforschungsbereich Metaphern der Religion. "Dafür brauchen wir thematische Offenheit und die Bereitschaft, Veranstaltungen an Orten durchzuführen, die einem im Zusammenhang mit Religion und Metapher vielleicht nicht als erstes einfallen.“

Dabei ist das Fußballmuseum ein Ort, der die Geschichte der Bundesrepublik einschließlich seiner religiösen Geschichte eindrucksvoll dokumentiert. Wie Dr. Henry Wahlig, verantwortlich für das Kultur- und Veranstaltungsprogramm in einer Sonderführung für die Studierenden des CERES aufzeigt, widmet sich das Museum u.a. umfänglich der jüdischen Fußballgeschichte. Besonders eindrucksvoll ist das prominent ausgestellte Trikot des jüdischen Fußballmeisters von 1938, Schild Bochum, getragen kurz vor der Flucht aus Nazi-Deutschland.

Zum Podiumsgespräch am Abend ist der Veranstaltungsraum über den Dächern Dortmunds sehr gut gefüllt. Moderator Matthias Friebe vom Deutschlandfunk fragt immer wieder nach der Kraft der Metaphern. Kann es für einen gläubigen Christen oder Juden einen Fußballgott geben? Nicht für Leonid Chraga, Geschäftsführer der Jüdischen Gemeinde Dortmund und Vorsitzender von Makkabi Bochum. Er verweist darauf, dass man den Gottesnamen nicht missbrauchen darf: „Das zweite Gebot ist ja kein Pillepalle!“ Die christlichen Vertreter sehen das ähnlich: Klaus Pfeffer, Bischöflicher Generalvikar im Bistum Essen und Fan des FC Schalke, glaubt nicht an den Fußballgott, schaut aber aufmerksam auf die integrative Kraft des Fußballs, die den Kirchen heute allzu häufig abgehe. Karsten Haug ist Pastoralreferent an der Dreifaltigkeitskirche am Borsigplatz – besser bekannt als BVB-Gründerkirche. Dort, wo einst die Borussia das Licht der Welt erblickte, wird heute eigentlich keine Kirche mehr benötigt — zu wenige Kirchgängerinnen und Kirchgänger gibt es in der Dortmunder Nordstadt. Aber an der Kirche wird festgehalten — mit Unterstützung des BVB.

Sarah Rautert, Religionswissenschaftlerin am CERES, ordnet ein: Je nachdem, wie man Religion definiert, kann man vom Fußball als einer Art Ersatzreligion sprechen. Die integrative Kraft, die Rituale, die Mythen. „Woran es tendenziell fehlt, ist der Transzendenzbezug,“ sagt Rautert, doch Haug widerspricht: „Als nach dem verlorenen Saisonfinale die Menge im Westfalenstadion spontan You’ll Never Walk Alone anstimmte — das hatte schon was Erhebendes.“

Die Runde diskutiert, wie passend, rund 90 Minuten über pilgernde Fußballfans, Deutschlands Chancen bei der EM, Fußballgott Jürgen Kohler, die Abstiegssorgen des FC Schalke, die versöhnende Kraft des Sports und die Unmöglichkeit für fromme Juden, am Samstag um 15:30 Uhr Fußball zu spielen. Ob es OK sei, fragt Moderator Friebe, in der Kirche für drei Punkte drei Kerzen anzünden? „Warum nicht“, sagt Generalvikar Pfeffer, „aber ob’s hilft?“