Wissenschaftsgeschichte der Religionsforschung in der Weimarer Republik (1918-1933)

Das Projekt hat die Analysen zur religiösen Lage (in Feuilletons von Siegfried Kracauer, Schriften von Paul Tillich und Eugen Rosenstock), wichtige religiöse Gruppen- und Kreisbildungen (den Kreatur-, Kairos- und Eranos-Kreis) sowie repräsentative Paradigmen der Religionswissenschaft (Macht, Gnosisforschung und Psychoanalyse) in der Weimarer Republik untersucht. Die starke Ambivalenz des Verhältnisses von Religion und Moderne, die in den Analysen, Schriften und Paradigmen zum Ausdruck kommt, führen zu dem Schluss, dass es sich dabei in erster Linie um die gesteigerten Erwartungen nach religiöser Erneuerung und die Hoffnungen auf einen revolutionären Umbruch nach dem 1. Weltkrieg handelt. Andererseits wird seit Ende der 1920er Jahre die Vorwegnahme der NS-Herrschaft deutlicher virulent. Ein Denkbild wie das der "Religionsbahnhöfe" von Walter Benjamin kann emblematisch die vieldeutigen Situationen des Wartens und der Erwartung sowohl mit ihren religiösen als auch säkular-politischen und inneren Ambivalenzen charakterisieren.

Ein zentraler Befund des Projekts lautet dementsprechend: dass die Religionsforschung seit dem 1. Weltkrieg in kulturkritischer Perspektive mit der Idee von Zivilisation und dem zivilisatorischen Mehrwert konfrontiert ist, den die Religion in der Moderne erringt. Angesichts politischer Umwälzungen (wie der Oktoberrevolution), nationalstaatlicher Konflikte, sozialer Desintegration und kapitalistischer Expansion wird die Religion jedoch dahin abgedrängt, einen zivilisatorischen status quo ante herbeizuführen. Konfessionelle, phänomenologische und theologische sowie vielfältige esoterische und neopagane Ansätze belegen dies nachdrücklich. Daneben bildet sich aber auch ein kritisches Potential in der Religionsforschung heraus, das Instrumentarien bereitstellt, um Religion als Konfliktstoff in den Zusammenhängen moderner Gesellschafts- und Kulturentwicklung zu begreifen.

Förderzeitraum

2004 - 2006

Publikation