Reinheit und Unreinheit im Neuen Testament unter besonderer Berücksichtigung der "Tempelreinigungsperikope(n)" und des ersten Korintherbriefes

Das Forschungsprojekt bearbeitet neutestamentliche Reinheitskonzepte und damit verbundene Identitätskonstruktionen in literarischer, historischer, kulturanthropologischer und sozialer Hinsicht. Anhand der "Tempelreinigungsperikope" rekonstruiert es die Perspektive der Jesusbewegung und der Evangelien auf die Reinheit des Tempels und die darin zum Ausdruck kommende, eigene Identitätsbestimmung. Zugleich werden anhand des ersten Korintherbriefes Vorstellungen von Reinheit und Unreinheit im Zusammenhang mit der metaphorischen Deutung der Gemeinde als Tempel untersucht. Der identitätsstiftende, zugleich verbindende und abgrenzende Charakter der Reinheit wird analysiert und ausgewertet. Auf dieser doppelten Perspektive mit ihren unterschiedlichen Reinheitskonzepten aufbauend wird die Diversität und die Entwicklung der Reinheitsvorstellungen sowie das vielschichtige und pluriforme Verhältnis der einzelnen neutestamentlichen Schriften zur rituellen Reinheit untersucht und deren Relation zum Judentum bestimmt werden.

Der hier gewählte Doppelzugang (Paulus/Evangelien) zu Reinheitskonzepten im Zusammenhang des Jerusalemer Tempels bzw. der Metapher der Gemeinde als Tempel Gottes arbeitet nicht nur ein Desiderat neutestamentlicher Forschung auf, sondern lässt darüber hinaus neue Forschungsergebnisse zum neutestamentlichen Reinheitsverständnis insgesamt erwarten. Insbesondere hinsichtlich des ersten Korintherbriefes, der an eine Gemeinde geschrieben ist, deren Mitglieder nur teils einen jüdischen, teils aber auch einen hellenistisch-synkretistischen Hintergrund hatten, sind ebenfalls hellenistische Zugänge zur Reinheit kultischer Räume zu beachten. Der Doppelzugang erlaubt einen Beitrag zur Erforschung der Dynamiken der Religionsgeschichte zwischen Asien und Europa im ersten Jahrhundert n. Chr. Jerusalem und Korinth sind zwei Orte des östlichen Mittelmeerraums, von denen der eine zu Asien, der andere zu Europa gerechnet wird, die aber durch den Hellenismus, das Diasporajudentum und nicht zuletzt durch dieselbe (jüdisch-frühchristliche) Bewegung miteinander in enger Beziehung zueinander standen. Diese Beziehungen zeichnen sich durch komplexe Dynamiken aus. Solche Dynamiken werden bei der Bearbeitung der beiden Teilthemen besonders beachtet werden, da die wechselseitigen kulturellen Ost-West(Asien-Europa)-Transfers, die Divergenz und Kongruenz jüdischer und hellenistischer Reinheitsansprüche und der Umgang mit diesen im Neuen Testament gerade beim Thema der Reinheit von großer Bedeutung sind. Es wird untersucht werden, ob nicht gerade hier der Transformation des Reinheitsbegriffes bei der Entstehung einer neuen religiösen Bewegung eine zentrale Funktion zukommt.

 

Beteiligte Person

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Prof. Dr. Peter Wick

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