Diversität im deutschen Judentum des 19. Jahrhunderts

Studien zur Selbstverortung im Spannungsfeld von Tradition und Krise

Untersuchungsgegenstand ist das jüdische Selbstverständnis im 19. Jahrhundert, das sich innerhalb des beschriebenen Spannungsfeldes von äußeren und inneren Veränderungen in verschiedene Richtungen ausdifferenzierte. Korrespondierend dazu bildeten sich neue Begriffe und Konzepte das jüdische Selbstverständnis betreffend. Die im 19. Jahrhundert in der jüdischen Gemeinschaft auftretenden Spannungen zwischen Emanzipation und dem Leben nach dem "Gesetz der Väter", führten zu einer Spaltung der, bis zu diesem Zeitpunkt zumindest nach außen hin auftretenden, homogenen jüdischen Gemeinde. Das Spektrum der entstandenen Strömungen reichte von den radikalen Reformern, über das konservative, auch positiv-historisch genannte, Judentum bis hin zur Neoorthodoxie. Die unterschiedlichen Strömungen fanden disgruente Wege um eine neue Selbstpositionierung des Judentums vorzunehmen. In der Neoorthodoxie führte beispielsweise der Konflikt zwischen staatlichem Anspruch an das Judentum nun nur noch Konfession zu sein und dem umfassenden traditionellen Konzept vom jüdischen Volk zu internen Problemen bei der Entwicklung eines zeitgemäßen jüdischen Selbstverständnisses. Die radikalen Reformkreise dagegen gingen teilweise soweit, dass sie die, von politischer Seite häufig vertretene Vorgehensweise übernahmen, und das Judentum auf eine Funktion reduzierten, wie die christlichen Kirchen sie innehatten. Die Reduktion fand in der Selbstdefinition "Deutsche Staatsbürger mosaischen Bekenntnisses" ihren Höhepunkt. Dem gegenüberstehend kam es, vor allem im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts, zu einem Erstarken des so genannten Nationaljudentums, welches das jüdische Selbstverständnis “ zumindest einiger Individuen “ prägte. Diese beiden zuletzt beschriebenen Extrempositionen markieren die jeweiligen Endpunkte des breiten Spektrums jüdischen Selbstverständnisses, das in diesem Projekt erforscht werden soll.

Betrachtet werden sollen die sich entwickelnden verschiedenen jüdischen Strömungen im 19. Jahrhundert und ihr unterschiedlicher Umgang mit den politischen und religiösen Veränderungen in Bezug auf die Selbstwahrnehmung und Selbstdarstellung. Aufgrund von Emanzipation und Assimilation wurde die traditionelle Einheit von Religions- und Volkszugehörigkeit aufgebrochen und es musste eine neue zeitgerechte Selbstverortung in den unterschiedlichen jüdischen Strömungen stattfinden. Ziel des Projekts ist es die Diversität der möglichen Selbstpositionierungen von jüdischen Gruppen und Individuen des 19. Jahrhunderts im Spannungsfeld zwischen Tradition und Emanzipation aufzeigen und zu analysieren. Research Fields: Globalisierung

Beteiligte Personen

EH

Prof. Dr. Elisabeth Hollender

Projektleitung

hollender@em.uni-frankfurt.de
VW

Valentina Wiedner

Kooperationspartner

Universitätsstraße 150
44801  Bochum
Büro GA 8/57
+49 234 32-22513
Valentina.Wiedner@rub.de