Ava und der Heilige Geist. Religiöse Metaphern im Werk der ersten deutschen Dichterin
CERES-Palais, Raum "Ruhrpott" (4.13)
Metaphor Talk by Prof. Dr. Anja Becker (University of Bremen)
Mitte des 12. Jahrhunderts verfasst eine Frau einen Erzählzyklus, der sich um das Leben Jesu gruppiert und dieses heilsgeschichtlich perspektiviert. Eine zentrale Position innerhalb dieses erstaunlich eigenständigen Werks nimmt der Heilige Geist ein, dessen Herabkunft die Dichterin Ava ebenso ausführlich beschreibt wie sie dessen sieben Gaben detailliert spirituell-theologisch deutet. Unter Rückgriff auf neuere Metapherntheorien soll zunächst nachgezeichnet werden, dass die (literarische) Rede vom und zum Heiligen Geist auf einem überschaubaren Kern kognitiver Leitmetaphern basiert, die fast alle in den biblischen Texten wurzeln. Dann soll gezeigt werden, wie Ava diese traditionellen Metaphern in ihrem Werk intentional wiedergebraucht und wie sie deren Potentiale für ihre poetisch-argumentative Strategie nutzt. Mittels des produktionsästhetischen Verfahrens der Remetaphorisierung erzeugt Ava ein distinktes kognitives Konzept des Heiligen Geistes, eröffnet vielfältige Sinnebenen und vermittelt eine klare Botschaft an ihre Rezipierenden.